Else, Dieter, Werner und Jan hatten ihren großen Coup ausgiebig gefeiert. Ausgiebig war, was man in dem Alter als ausgiebig nennen konnte. Die Männer tranken bei dem Essen im Schwarzen Stier zwar jeder ein großes Bier und Else ein Gläschen Rotwein, aber ein großes Besäufnis wollte man sich nicht leisten, schon aus Vorsicht vor unbedachten Äußerungen in der Öffentlichkeit. Knast statt Altersheim 17.
Eine Woche später hatte man zwar die Artikel in den Zeitungen verfolgt, wo man über das Verschwinden der gesamten Ladung des Panzerwagens berichtet hatte. Es seien keine Beschädigungen am Fahrzeug festgestellt worden und nur Fingerabdrücke und DNA Spuren der Fahrer konnte man berichten und die Geldsäcke blieben mitsamt Inhalt verschwunden.
Was die Polizei und die Presse nicht wissen konnte, werde ich jetzt dem geneigten Leser verraten: Die Geldsäcke wurden vom Werner in den Restmüllcontainer eines Autohauses geworfen und landeten so ohne weiteren menschlichen Kontakt auf einer Müllverbrennungsanlage. Ich denke mal, bis zum jüngsten Tag werden sie als Abgase und Asche in unserer Welt ohne weitere menschliche Behandlung verbleiben.
Die nächste Sorge unserer Protagonisten war die Legalisierung ihres Reichtums. Sie konnten das Geld nicht einfach mit vollen Händen ausgeben. Das wäre über kurz oder lang die sichere Festnahme geworden. So überlegt man, ob man über den Bodensee das Kapital in die Schweiz bringen solle. Dort könne man trotz des geplanten Abkommens mit dem deutschen Fiskus immer noch anonym bleiben, wenn man ein Teil des Geldes versteuere. Danach wäre dann ein problemloser Zugriff auf die Moneten möglich. Ein anderer Vorschlag war, einen Internetshop aufzumachen und langsam einen immer höheren Scheinumsatz zu generieren, das im Ringverbund, also einer kauft beim anderen, wie es auch große Konzerne machen, und damit dann nach und nach einen Teil des Geldes versteuern und so waschen. Wenn jeder vom seinem Kumpan Rechnungen in ähnlicher Höhe bekommen würde, wäre das Kapital auch auf lange Sicht völlig legal. Man brauche ja nicht viel, um sich ein wenig Luxus zu gönnen.
Man hatte auch noch einige Inseln, die als Steuerparadiese bekannt waren im Visier, darunter auch Zypern, wo viele Banken Bargeld in fast jeder Höhe entgegennehmen würden. Aus der CDU Spendenaffäre hatte man auch von Liechtenstein gehört, aber alles überzeugte nicht so richtig. Schließlich wollte man mit einem Flohmarkt beginnen. Auf Flohmärkten fragt man selten nach Gewerbeschein oder ähnlichen Dokumenten und zur Not könne man ja ein Kleingewerbe anmelden. Das Einzige Hindernis sei, man müsse ja irgendwie mobil sein, um Flohmarktwaren im Sperrmüll einzusammeln und dann damit die Märkte beschicken. Man muss sich etwas einfallen lassen bei Knast statt Altersheim 17.
Else meinte, man dürfe nun nicht einfach einige 50 Euro Scheine nehmen und sich ein Last Taxi mieten, sondern man sei ja übereingekommen, so weiter zu leben wie bisher. Also müsse man jemanden fragen, der mit einem erst die Sperrmüllbezirke abfahre, damit man Handelsware bekäme und dann auch Sonntags die freien Flohmärkte anfahre, damit man seinen Stand aufbauen könne und am Abend wieder abgeholt werde. Man fand schließlich einen Studenten, der ein Auto hatte und sich etwas zuverdienen wollte. Mit dessen Auto und seiner tatkräftigen Unterstützung fuhr man erst die Sperrmüllhaufen ab und landete dann Sonntag für Sonntag auf dem Flohmarkt.
Da man meistens nur Sonntags einen Markt beschicken konnte, dauerte es doch recht lange, bis man einige Tausender legalisiert hatte, indem man bei der Abrechnung am Abend einfach ein Bündel des gestohlenen Geldes mitzählte und so aus einem Umsatz von 100 Euro eine Einnahme von 2 oder 3 Tausend machte. Das gefiel dem Studenten auch obwohl er nicht ahnte, wie diese hohen Umsätze zusammen kamen, wollte er es doch auch einmal probieren und auf eigene Rechnung und Gefahr eine solches Flohmarktgeschäft aufmachen.
Elise hatte über alle Einnahmen und Ausgaben minutiös Buch geführt und nun musste man wohl oder übel von dem schon legalisierten Geld einen gebrauchten Kombi kaufen, der übrigens auf dem gleichen Flohmarkt angeboten wurde, um weiterhin im Geschäft zu bleiben. Das sollte sich als ein wahres Schnäppchen erweisen.
Auf dem Kriminalhauptamt der Stadt kam man mit den Ermittlungen zum Mord an dem Kombifahrer auch nicht recht voran. Die beiden Fahrer des Geldtransporters mussten schließlich aus der Haft entlassen werden, denn man konnte ihnen höchstens grobe Fahrlässigkeit nachweisen. Einen Vorteil von dem Zinsgeschäft ihrer Vorgesetzten hatten sie nachweislich nicht gehabt. Der Privatdetektiv hatte für den wahrscheinlichen Zeitpunkt der Tat ein Alibi in einem anderen Fall, wo er mit einem Kollegen eine Scheidungssache observiert hatte. Den im Kombi gefundenen Zettel von den Geldsäcken hatte er nicht an die Polizei gegeben, weil der Herr Mommer die Herausgabe gefordert hatte, um ihn zu vernichten. Bis dato verlief alles im Sande bei Knast statt Altersheim 17.