15. Stremel: Schwer verdientes Geld

Jan sah mit seinem Colani richtig schick aus. Der Seesack auf dem Gepäckträger passte wunderbar in seine Kostümierung. Mit dem E-Bike fuhr er auf dem schmalen Trampelpfad durch die sogenannten Kitzelfichten auf den Fluss zu. Kitzelfichten nannten die jungen Leute das kleine Wäldchen, weil die Liebespaare im Sommer oft dort hingingen um sich gegenseitig zu kitzeln. Daran dachte Jan aber nur einen ganz kurzen Moment. Dann musste er am Poller vor der Brücke aufpassen. Er wollte nicht den gleichen Zusammenstoß wie der Dieter fabrizieren. Werner hatte ihm geraten, immer mit Volllicht zu fahren. Das würde Leute die ihm entgegen kamen blenden. Sie würden ihn dann nicht erkennen können. Außerdem sah er dann den Poller rechtzeitig. Auf der Brücke hielt er ganz kurz an und wollte die Handschuhe von Werner in den Fluss werfen. Es kamen aber vom anderen Ufer zwei Menschen ihm entgegen. Jan legte die Handschuhe auf das Geländer und tat als wolle er sich eine Zigarette anzünden. Als die beiden jungen Frauen vorbei waren gab er den Handschuhen einen Schubs und schon waren sie im Fluss verschwunden. Das gluckernde Wasser am Ufer verschluckte das Geräusch des Aufpralls der Handschuhe auf dem Wasser. Jan wünschte ihnen im Geiste viel Glück bei der Reise in die Nordsee. Die sind schon mal entsorgt, dachte er sich. Dann zog er aus einer Tasche seiner Jacke ein eigenes Paar Handschuhe und zog die nun an. Damit hatte er keine kalten Finger während der Fahrt nach Hause zu befürchten.

Auf der Fahrt durch die Stadt schaute er an beiden Seiten nach Mülleimern. Werner hatte ja geraten, den Rucksack in eine fremde Mülltonne zu entsorgen. Als Jan in die Gegend des Wikingerweges kam, standen dort noch einige geleerte Mülltonnen an der Straße. Heute am Freitag war Müllentsorgung der Restmülltonnen gewesen. Eine gute Gelegenheit, aber er konnte hier nicht einfach anhalten und an einen Mülleimer gehen, den öffnen und einen Rucksack hinein werfen. Dann kam ihm der Gedanke, den Parkplatz vom Kaufhaus Nesso anzusteuern. Dort wäre ja heute dann auch der Container auf dem Parkplatz geleert geworden. Dieser stand weit abseits vom Eingang und es verirrte sich kaum ein Mensch hierhin. Es musste ja immer genügend Platz gelassen werden, damit der Müllwagen so an den Container heranfahren konnte, dass keine Handarbeit beim Aufnehmen erforderlich war. Erleichtert fuhr Jan nach Haus und wollte den Seesack mit dem Geld schon in seinem Schrank verstecken, da fiel im ein, er könne ja das Geld noch einmal wiegen. Dann, so meinte er, könne er so ungefähr schätzen, wie viel der Job eingebracht habe. Er schüttete das Geld in eine Plastiktüte und tat diese auf die Küchenwaage, die noch aus seiner Zeit als glücklicher Ehemann übrig war. Es war zu viel Gewicht. Die Waage konnte nur bis 10 kg anzeigen. Jan teilte den Geldscheinhaufen auf und holte eine zweite Plastiktüte. Nun waren es einmal 5 kg und einmal fast 6 kg. Elf Kilo, dachte Jan, das ist mindestens einhundert Tausend Euro.

Jan grübelte noch eine Weile, was man damit alles anschaffen könnte. Aber die Gedanken kamen und gingen und er konnte keinen klaren Plan fassen. Er kochte sich einen schwarzen Tee und gab dann einen großen Schuss „Erkältungsrum“ hinein. Die Gedanken purzelten aber weiter in seinen Kopf, so dass er schließlich einfach zu Bett ging. Morgen würden Dieter und Werner kommen. Dann könnte man ausgiebig zählen und planen.

 

Am nächsten Morgen hatte Jan grade geduscht, da kam Dieter an die Tür. Jan zog schnell Unterhose und Jeans an und machte auf. Wie immer vermied Dieter jede Formalität von wegen Guten Morgen, gut geschlafen oder Ähnliches. Statt dessen platzte es aus ihm heraus: „Na, wie viel war es?“

Guten Morgen Dieter. Wie geht es dir. Darf ich mir erst ein Hemd anziehen und mich kämmen?“

Ja, kannst du“, sagte Dieter gnädig, „wie viel Geld war es denn? Du hast es doch sicher schon gezählt.“

Gezählt habe ich es nicht, aber ich weiß, wie viel es ist!“ Jan grinste dabei verschmitzt.

Dieter blieb der Mund offen. „Wie, wie wie viel es ist?“

Ja, es sind ziemlich 11 Kilo.“ Dieter sagte nichts und fragte auch nicht weiter. Er fühlte sich ein wenig auf den Arm genommen. Um die Sache nicht weiter zu eskalieren meine Jan: „Ich schätze bei dem Gewicht müssen es mindestens Hunderttausend sein.“

Dieter sagte eine ganze Weile gar nichts. Dann kam wie ein Stoßgebet aus ihm heraus: „Wir kaufen ein Auto!“

Wollen wir nicht warten, bis wir alles genau gezählt haben? Ich habe mir gedacht, wir teilen den Haufen Scheine in 3 Portionen und jeder zählt eine. Also müssen wir noch warten, bis Werner kommt.“

Es klingelte an der Wohnungstür. „Das wird er sein.“ Aber da irrte Jan, es waren 2 Damen von den Zeugen Jehovas.

Guten Morgen,“ begann die ältere der beiden, „wir möchten mit Ihnen über Gott sprechen.“

Gut, wenn Sie ihn kennen, grüßen Sie ihn von mir.“ Jan sagte das so dahin ohne Spott oder Häme, weil er auf Werner wartete. Er wollte die Damen vor der Wohnungstür abfertigen. Vielleicht hatte er auch nicht bewusst mitbekommen, über wen die Frauen sprechen wollten.

Für den Herrn sollte man sich aber mehr Zeit nehmen!“ Die ältere Dame wollte nicht locker lassen. „Es werden nur wenige in Jehovas Königreich kommen. Man muss etwas dafür tun und die Botschaft hören wollen.“

Wenn Sie das sagen, dann kommen wohl nur die Zeugen Jehovas in das Königreich. Für uns bleibt dann sowieso kein Platz. Also was soll´s ? Ich erwarte übrigens Besuch und es wäre mir sehr lieb, wenn Sie jetzt die Tür freigeben würden.“ Jan bemühte sich um Höflichkeit aber wollte auch genau verstanden werden. So einfach war es aber nicht.

Ich lasse Ihnen jetzt diese interessante Schrift da und bitte lesen Sie ab und zu darin. Vielleicht können wir uns einmal länger unterhalten. Ich werde für Sie beten.“

Jan wollte nicht ganz unfreundlich sein. Seine Antwort schien die Dame aber zu beleidigen. Er sagte: „Ja beten Sie für mich, und wenn es nichts kostet dann auch mehrmals.“

Während Jan dachte, dass er wohl Gebete gebrauchen könne bei seinem jetzigen Lebenswandel meinte die Dame, er wolle sie verspotten. Die beiden Frauen kehrten um und redeten leise miteinander auf dem Weg zum nächsten Opfer.

Jan ging zurück in die Wohnung, wo Dieter seine Ungeduld kaum verbergen konnte: „Können wir nicht schon anfangen zu zählen? Ich bin schon sehr neugierig.“

Nein, wir warten bis Werner kommt. Schließlich war es sein Plan und da kann er wohl verlangen, dass er von Anfang an beim Zählen dabei ist. Irgendwann wird er ja wohl kommen. Vielleicht gibt er ja die Maske erst einmal ab.“

Da hatte Jan nicht ganz Unrecht.

Werner war tatsächlich wieder zum Theater geschlendert, am Kiosk vor bei und schaute interessiert in die Tageszeitungen. Er suchte nach „Raubüberfall“ oder eine andere eindeutige Schlagzeile. Er konnte keine finden, denn es war ja erst gestern gewesen und die Zeitung für heute war sicher schon im Druck gewesen. Dann ging er beruhigt weiter und bedankte sich noch einmal bei Else, als er die Maske wieder geben wollte. Else wollte sie aber nicht haben.

Nee, die kannst du behalten. Du hast ja deinen Anteil an der Sitzung für Schminke und so gegeben. Hat es denn funktioniert?“

Bestens“, bestätigte Werner, „wirklich aller bestens. Mein Freund bekam sogar Angst vor mir. Ich musste laut lachen. Er dachte, ich wolle ihm sein Fahrrad klauen.“

Schön, und was machst du heute? Oder was macht ihr heute? Wie lange kennst du denn den Freund schon?“

Werner wollte auch nicht zu viel verraten. Deshalb redete er über Dieter. „Wir wohnen beide im Altersheim. Leider werde ich wohl bald allein da wohnen. Er hat Post von seinem Sohn aus Argentinien. Der zahlt ihm eine Wohnung in der Stadt. Dann muss ich dich wohl öfter besuchen, Else.“

Du weißt ja, du bist immer willkommen.“

Ich komme immer gerne zu dir, das weißt du doch. Morgen will erst einmal mit dem Kollegen zu seiner neuen Wohnung im Wikingerweg. Da kann er mich ja ein wenig neidisch machen. Ich habe keinen Sohn in Argentinien. Wie wäre es, wenn ich dich mal für Sonntag zum Essen beim Hähnchenwirt einladen würde?“

Else lächelte: „Da bin ich ja richtig geschmeichelt. In meinem Alter läd` mich noch jemand zum Essen ein. Kannst du dir das denn leisten?“

Ich denke schon. Ein Ereignis mit dem Kollegen hat einiges geändert.“ Werner dachte bei sich: Das ist die reine Wahrheit. Sie glaubt sicher, dass ich von Dieter Geld bekomme für den Umzug oder irgend etwas in der Richtung. 

Werner verabschiedete sich und ging zurück. Als er am Kiosk vorbeikam nahm er sich fest vor, am kommenden Tag eine Tageszeitung, den Stadtanzeiger, zu kaufen. Dort müsste dann ja etwas von der Sache am Baumarkt beschrieben worden sein.

 

Knast statt Altersheim

Hier geht`s los mit der Geschichte: Knast statt Altersheim

  1. Stremel: Jan Daballer
    Die Sache mit der Kreuzfahrt statt Altersheim scheint doch vielen Lesern einleuchtend gewesen zu sein, vor allem natürlich unter dem Kostenaspekt. – Es gibt aber noch eine zweite Methode, von der ich soeben (2006) erfahren habe. Auch sie erscheint völlig einleuchtend, wenn man sie Punkt für Punkt durchrechnet. Man braucht dazu etwas Mut, eine gute Idee und eine Kalaschnikov, wobei es auch eine Uzzi , eine Beretta, eine Häckler & Koch oder eine andere funktionierende MP tun würde. Hier mal ganz von vorne zur Situation vieler Rentner, und dieses ist nicht an den Haaren herbeigezogen, wie man unschwer in einigen Gesprächen herausbekommen kann.
    Herr, nennen wir ihn mal Daballer, wurde mit 62 Jahren Rentner, nachdem er seit seinem 59 Jahr arbeitslos gemeldet war. Da wurde es nichts mehr mit der üppigen Altersruhe, denn ihm blieben noch 750 Euro brutto. Davon musste er über hundert Euro Krankenkassenbeitrag blechen . So waren es schließlich nur noch 615 Euronen, mit denen er wirtschaften konnte.
    Die (Kalt) Miete für seine 2 Zimmer war inzwischen auf 230 Euro gestiegen und die restlichen 385 Euro waren noch nicht etwa der Grundbetrag, von dem er leben konnte. Die Stadtwerke hatten inzwischen seine monatliche Strompauschale auf 41 Euro erhöht und wegen der gestiegenen Heizölpreise war die Heizpauschale auf 61 Euro monatlich geklettert. Schwupp war man bei 283 Euro. Nun können ja die Müllabfuhr, die Wasserwerke und die Telefongesellschaft nicht völlig umsonst arbeiten, aber nun endlich schienen ihm noch 205 Euro zum (Über)Leben zu bleiben.
    Da war aber doch noch  die GEZ, schließlich war das Fernsehen fast sein einziger Kontakt zur Umwelt, da war auch noch eine Zusatzzahnversicherung, die KV der Rentner war auch dabei nicht besonders großzügig, wie alles in Deutschland oder in der Welt, was sich in ruhigen Zeiten Versicherung schimpft, in Krisenzeiten aber als Panzerschrank ohne Öffnung entpuppt. Rechnet man noch die Zuzahlung für die Medikamente von Herrn Daballer mit ab, den monatlichen Bedarf an Toilettenartikeln usw. dann blieben alles in allem noch etwas unter 140 Euro für Nahrung und Kleidung.

Laaangweilig, die Aufrechnung? Für viele in ähnlichen Umständen sicher nicht.

Da die Rentner allgemein weiterhin mit Nullrunden, ja de fakto mit Rentenkürzung wegen Inflation und hohen Pflege- und Krankenversicherungsbeiträgen rechnen müssen, bleibt abzusehen, wann Herr Daballer entweder seine Miete nicht mehr zahlen kann oder die Heizung einsparen muss, oder halt die Ernährung gegen Null fahren durfte. Im Moment hatte immer noch ein wenig Übergewicht, aber das würde er in den nächsten 5 Jahren fast mühelos – aber hungrig – leicht loswerden.

Jedenfalls begann unser Held zu grübeln. War das der Dank für die Schwerstarbeit auf Werften und auf dem Bau, die er oft unter Lebensgefahr für das aufstrebende Deutschland geleistet hatte? War das der Dank, dass er gegen Ende seines unfreiwillig durch eine absolute Pleite seiner letzten Firma abgebrochenen Erwerbslebens hunderte von – damals – D-Mark an Abzügen für Rentenversicherung gezahlt hatte? Irgendwie war er mit diesem „Dank“ nicht ganz zufrieden und sann auf Nachbesserung. Je mehr er verglich, wie jene Politiker lebten, die ihm diese ganze Misere mit ihrer Lobbyisten Wirtschaft eingebrockt hatten, und jene Kumpels von früher, denen es genau wie ihm vergleichbar bescheiden ging, umso mehr kam ihm der Gedanke, dass hier eine ganze Generation den Buckel für eine Minderheit hinhalten musste.

Dieter Drage, Werner van Straaten,

Wie kam er nun dazu, eine Opa-Gang zu gründen. Es begann alles damit, dass er ab und an mal im Altersheim vorbeiging, wo zwei Bekannte von ihm untergebracht waren. Eigentlich war es nur ein Bekannter, der Dieter Drage. Der war zeitweise ein früherer  Arbeitskollege bei einem großen  Baukonzern gewesen und lebte nun im Altersheim in der Moltke-Straße. Dort gab es mehr Frauen als Männer und daher hatte der Dieter sich mit dem Werner angefreundet, der einmal am Theater als Edelkomparse ein interessantes aber wenig einträgliches Leben gefristet hatte. Das Theater faszinierte ihn noch immer und wenn wer sich Backstage im Astoria Theater blicken ließ, traf er die eine oder andere Bekannte zum kleinen Insiderplausch.

Der Dieter und auch Werner hatten nicht etwa etwas gegen Frauen, es waren einfach die Themen bei Unterhaltungen. Wie auch heute noch gehen Frauen- und Männerschicksale im Laufe des Lebens  oft weit auseinander.  Da braucht es schon einen höheren Grad an Bekanntschaft, um für beide passende Unterhaltungsthemen zu finden. Das könnten gemeinsame frühere Schulen, Arbeitsstellen wie ein bestimmtes Theater, Sportvereine oder Hobbys gewesen sein. Was man so Vergleichbares  in vergangenen Jahren  eben erlebt hatte.

Die beiden Männer waren 66 und 68 Jahre alt und seit zwei Jahren im Altersheim, weil die Kinder, im Ausland lebend, keinen Platz in deren Wohnungen hatten. Leider war im Moment kein betreutes Wohnen in der Stadt im Moment frei. Eine neue eigene Wohnung konnte sich in der Stadt mit knapp 780 Euro Rente keiner leisten. Dieter mit seiner Behinderung kam auch schlecht allein zurecht.

Nun hatten sie zwar Unterkunft, Verpflegung und einen fast geregelten Tagesablauf, trotzdem waren sie mit ihrer Situation nicht zufrieden. Sie mussten schließlich ihre komplette Rente dem Heim überlassen, bekamen nur 40 Euro Taschengeld. Bei schönem Wetter saßen alle 3 im Garten des Heimes auf ein Bank und erzählten aus ihrem Leben. Dabei kamen sie schnell darauf, dass keiner mit seiner Situation zufrieden war und keiner fühlte an seinem Schicksal eine eigene Schuld.

Dieter meinte eines Tages in die Runde:

„Unser größter Fehler war, dass wir arme Eltern hatten. Das ist einfach unverzeihlich. “

Die anderen beiden nickten zustimmend. Nach einer kurzen Pause meinte der Jan:

„Ein Kind armer Eltern bleibt in der Regel ein Kind armer Eltern bis zum Tod. Dafür sorgen die Umstände bei uns.“

Auch der Werner wollte seine Gedanken zum Gespräch beitragen und bei seinen Worten merkte man, dass er am Theater auf jeden Fall sprechen gelernt hatte.

„Nun, wo wir unsere staatsbürgerliche Pflicht erfüllt haben, schiebt man uns ab und lässt  uns der Langeweile anheim fallen…“
Mit einem tiefen Seufzer schienen die drei zuzustimmen.

Jan, dessen ehemaliges Bauarbeiterdasein auch in der Unterhaltung nicht zu überhören war, meinte lakonisch:

„Nicht mal besaufen kann man sich ohne Geld. Fußball oder Kino kannst du glatt vergessen. Abends ein Bier in der Kneipe? Unmöglich. Gut, dass ich nicht rauche.“

Desto öfter sie zusammenkamen und je mehr sie diskutierten schien sich herauszustellen, dass es einzig und allein an Geld fehle. Mit genügend Geld könnte man sich eine gemeinsame Wohnung nehmen, eine Putzfrau oder Köchin einstellen, vielleicht sogar hin und wieder essen gehen, bessere Gesundheitsvorsorge bekäme man, usw. usw.

Die Kassen müssen sparen, das versteht man.

Eines Tages in einer besonders hitzig geführten Debatte sagte einer: „Man müsste einfach mal eine Bank ausrauben. Das Geld liegt auf der Straße, Menschenskind.“

Heute kann man nicht mehr sagen, wer als erster den Vorschlag machte.

„Ein wirklich revolutionärer Vorschlag!“ das sagte auf jeden Fall Werner darauf. „Aber ob wir wirklich in der Lage wären…“
  Zunächst wiesen aber alle 3 den Gedanken weit von sich. Dann begannen Dieter  zu vergleichen, was denn im Gefängnis anders sei, als ihre jetzige Situation; wenn sie denn ins Gefängnis kämen:

“ Da hast du Heizung, Essen und Beschäftigung umsonst, kannst einmal am Tag spazieren gehen, nur mit dem sprichwörtlichen Wasser und Brot, damit würde ich nicht zurecht kommen.“

Werner nickte mit dem Kopf und zitierte aus der Bibel: „Hänge dein Herz nicht an irdische Dinge, denn der Rost wird sie fressen und nachts kommen die Diebe. “ Im Bruchteil einer Sekunde fügte er hinzu:

„Mensch Jan, du kennst doch jede verrufen Kneipe am Hafen und in der Stadt. Kannst Du vielleicht einmal einen Knastologen fragen, wie das heute so im Gefängnis zugeht?“

Jan  konnte seit seiner Werftzeit ziemlich unbekümmert in berüchtigte Hafenkneipen gehen, und obwohl er sich nie etwas zu Schulden kommen lassen hatte, kannte er sich sogar mit dem besonderen Terminus aus, der dort gesprochen wurde. Er würde nirgends auffallen. Damit hatte er oft ein wenig geprahlt. Und der Werner erinnerte ihn nun daran.  Jan schien der Vorschlag auch nicht zu abwegig, aber dann gab er  zu bedenken:

„Ob ich nun direkt einen ehemaligen Straftäter kenne weiß ich nicht. Man erkennt die Menschen ja nicht an der Nasenspitze. Wahrscheinlich sind in der  Ankerwinde viele Gäste die Erfahrungen mit der Polizei gehabt haben. Ziemlich sicher bin ich mir da nur bei dem Schweine-Erwin. Es gibt eben Lords in Lumpen und Lumpen im feinen Zwirn.“

Der Dieter hatte eine Idee: „Wenn bei uns einer im Sommer neu anfangen wollte, der dann noch ganz blass war, sozusagen ohne Sonne gelebt hatte, dann wurde immer schon getuschelt. Wenn er dann noch ganz stümperhaft tätowiert war, dann konnte man glauben, dass er gesessen hatte.“

Es schien, als wolle Jan von sich aus gerne einmal die ehemaligen Kneipenbesuche  „nur mal aus Interesse“ auffrischen.  Vielleicht kannte er den einen oder anderen Gast noch von vor 3 Jahren, ehe er zum Rentner wurde. Dann meinte er – fast beiläufig: „Damit ich etwas verzehren kann brauche ich aber eine kleine Wegzehrung.“

Die beiden anderen wussten, was gemeint war.   Man legte  7 Euro zusammen, damit  er etwas Verzehrgeld mitnehmen konnte. Damit würden wenigstens die Kosten für ein kleines Bier gedeckt.  Die anderen beiden würden bis zum nächsten Treffen  gespannt auf seinen Bericht warten. Außerdem wollten sie nunmehr sicher gehen, dass sie nicht belauscht werden könnten und beschlossen, sich zukünftig in der Wohnung vom Jan am Ende der Moltkestraße zu treffen.
Die  3 „alten Kameraden“ kamen überein, sich jeden Donnerstag in Jans Wohnung  zu treffen. An einem solchen Tag  warteten schon Werner und Dieter  gespannt, was der Jan wohl über seinen Besuch in der berüchtigten Hafenkaschemme „Ankerwinde“ über die Gepflogenheiten im Gefängnis berichten würde.

Verpassen Sie nicht den 2. Stremel  https://blog.topteam-web.de/tipps-und-tricks/in-der-ankerwinde-mit-schweine-erwin/

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Über Putzfrauen und Müllmänner

Es gab eine Zeit, in der Abwasser, Müllmänner und professionelle Putzfrauen unbekannt waren. Dafür waren Pest, Cholera und andere tödliche ansteckende Krankheiten gang und gäbe. Die Burgbewohner verrichteten ihre Notdurft im Burggraben und die Städter in der Gosse. Das war die sogenannte gute, alte Zeit. Die Verhältnisse im antiken Rom blieben fast bis ins 19. Jahrhundert hinein erhalten, und zwar ohne cloaca maxima. Man warf Abfall einfach aus dem Fenster und seinen Müll entsorgte man gerne im Meer oder an Flussufern. Die Folge waren Heerscharen von Ratten und Tauben, am Meer halt Möwen, Tiere, die die Fäkalien-berge vergrößerten. Heute weiß man, dass Rattenflöhe die Pest übertrugen und Bakterien aus den Ausscheidungen der Menschen und Tiere die Cholera begünstigten.

Der feine, aber große Unterschied.
Die Wohlhabenden konnten sich allzeit etwas Besonderes leisten, wie die Anfangs erwähnten Burgbewohner sich eben in den Burggraben erleichterten, so hatten auch die römischen Patrizier Latrinen. Ja es gab gar öffentliche Toiletten, deren Gebühren ja angeblich zu dem Spruch: Pekunia non olet! (Geld stinkt nicht) Anlass gegeben haben sollen.
Auch bei den Wikingern gab es Abfallgräben, zum Teil mit Holz überdeckt, die die flüssigen Abfälle ins Meer leiteten. Immerhin waren eben nicht nur die Römer so „reinlich“. Wer will darf gern unter Wikipedia, wo auch das folgende Bild her stammt, Näheres darüber lesen.

Bauen für Müllmänner
In Hamburg begann also man erst im Jahre 1879 mit dem Bau einer Kanalisation, die dort heute noch Siel heißt. Auch hier lernte man erst nach mehreren verheerenden Cholera Epidemien, Geld für eine notwendige Sache auszugeben.

Unterschied beim Salär.
Wenn es darum geht, für Hygiene, Müllmänner und Putzfrauen Geld auszugeben, ist man immer noch knauserig. Obwohl inzwischen das kleinste Dorf, ja fast jedes Haus über Abwasser und Müllabfuhr verfügen muss, geben einige Leute immer noch lieber Unsummen für duftende Wässerchen, für schicke Hochglanzkarossen oder gar für vergoldete Armaturen im Bad aus und sind dafür gegenüber Putzfrauen und Müllmännern geizig. Lassen Sie sichs gesagt sein: In diesem Fall ist der Geiz nicht geil!

Man fragt sich warum der Beruf von Müllmann und Putzfrau so desolat gering geachtet ist. Sind die Kolleginnen und Kollegen doch ebenso wichtig für unser aller Gesundheit wie die im weißen Kittel posierenden Akademiker. Liegt es daran, dass weder altgriechische noch lateinische Sinnsprüche ihren Sprachgebrauch schmücken? Sind es Geier und Raben, die Gesundheitspolizei der Natur mit denen man sie vergleicht? Vergleichen Sie doch einmal wer denn wohl entbehrlicher in unser Gesellschaft ist: Der Bänker (es gibt auch ehrliche) oder der Müllmann. Wie lange wird man das Fehlen des Vorsitzenden eines Konzerns bemerken und wie lange die tägliche Putzfrau? Ein lateinisches Sprichwort sagt: Natura paucis contenta est. Was soviel heißt wie dass die Natur eben mit Wenigem zufrieden ist, aber ohne die Aasfresser zu Lande, im Wasser und in der Luft ginge es nicht und unter uns Menschen geht es nicht ohne Putzfrauen und Müllmänner. Denken Sie bitte daran, wenn Ihnen wieder mal die eine oder der andere begegnet dass diese Menschen auch für Ihre Gesundheit ihren Beitrag leisten und wenig Dank dafür einheimsen. – Eines ist noch wichtig: Raten Sie einmal, wer denn viel besser bezahlt wird; die Aufsichtsratsvorsitzende, deren Fehlen man erst nach Wochen bemerken würde oder die Putzfrau, deren Abwesenheit schon am gleichen oder am nächsten Tag auffällt. Warum das alles so ist und warum nichts geändert wird, können Sie hier nachlesen allerdings ziemlich am Schluss in dem Beispiel von dem seltsamen Haus. Die Faustregel ist also: Wer den meisten Dreck macht, der verdient am meisten. Wer für unsere Gesellschaft mit am wichtigsten ist, der muss mit einem Hungerlohn zufrieden sein.
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