Knast statt Altersheim Teil 3

Inzwischen kamen die Knast statt Altersheim 3 „alten Kameraden“ jeden Donnerstag in Jans Wohnung in der Moltkestraße zusammen und Werner und Dieter warteten schon gespannt, was der Jan wohl über seinen Besuch in der berüchtigten Hafenkaschemme „Ankerwinde“ über die Gepflogenheiten im Gefängnis berichten würde.
Der Jan hatte vom Dieter und vom Werner je 3,50 Euro bekommen und wenn er von sich aus den gleichen Anteil dabei legte, hatte er 10, 50 Euro zum Verzehr in der Spelunke. Er hoffte inständig, dass er den „Schweine-Erwin“ treffen würde, dessen richtigen Namen er nicht kannte, aber er wusste aus seiner Werftzeit, dass dieser Mensch noch keinen Handschlag ehrliche Arbeit im Leben geleistet hatte, ähnlich wie die Großkopfeten aus der Zeitung. Wovon Schweine-erwin eigentlich lebte, konnte oder wollte niemand so genau sagen, aber ab und an ging er auf Staatskosten in „Urlaub“ und da würde er bestimmt die richtige Auskunftsquelle für den Jan und seine Freunde sein.

Kurz nach 14 Uhr war Jan in der Kneipe weil er die Schichtzeiten der Schauerleute kannte und tatsächlich war Leben und Trubel in der Bude. Es stank wie immer nach Bier, Rauch, Schweiß und Erbrochenem und in einer Ecke, die wohl schon seit 15 Jahren sein Stammplatz war, saß der Schweine-Erwin.

Jan sah, dass auch Schweine-erwin älter geworden war und sein Gesicht war gezeichnet mit tiefen Kerben und Falten. Jan konnte nicht deuten, ob es sich um Spuren von Trauer und Verbitterung handelte oder ob es Brutalität und Skrupellosigkeit, Hinterhältigkeit waren. Vielleicht war es auch ein Magengeschwür.

Der Erwin, wenn er denn so heißen sollte, erkannte Jan und als er hörte, was er wissen wollte, gab er bereitwillig Auskunft.“ Wasser und Brot als Vollnahrung gibt  es schon lange nicht mehr im Strafvollzug“, meinte Erwin, “ und je nach Laune der Anstaltsleitung kann man Zeitung lesen, Bücher ausleihen oder gar Fernsehen“. Wobei in den Anstalten oft ein Gemeinschaftsraum zum Fernsehen war und man müsse sich mit den anderen Insassen auf das Programm einigen.
Ansonsten könne bei guter Führung auch mit Freigang rechnen oder andere kleine Vergünstigungen bekommen. Ärztliche Versorgung gebe es auch,  aber halt nur „Karo Einfach“ wie heute bei den Rentnern der AOK.

Bild oben: Für den Steuereinbruch sind unfähige oder korrupte Politiker verantwortlich, aber sie dürfen, anders als „Schweine-Erwin“, unbesehen weitermachen und bekommen noch die höchsten Renten für kürzeste Beitragszeiten

Jans Unterhaltung mit Schweine-Erwin erwies sich als äußerst informativ. Er erfuhr nicht nur alles über das Leben in verschiedenen Gefängnissen, ihm wurde auch abgeraten, einen Einbruch in eine Tankstelle, Bank oder ein Kaufhaus zu begehen. Dort sei nicht viel zu holen und schließlich sei er viel zu alt, um noch solche körperlichen Anstrengungen auf sich nehmen zu können. Dann gab es noch den kostenlosen Tipp, für einen Bankraub die Waffen in der Kneipe „Zum goldenen Schellfisch“ zu besorgen. Dort solle er nach Fiete fragen, der sei zwar Rumäne, aber weil er plattdeutsch könne, würden ihn alle Fiete nennen. „Sag ihm, dass der Schweine-Erwin dich schickt. Sonst kriegst du nichts oder viel zu teuer.“ Dann würde er anständige Preise für seine Bewaffnung bekommen. „Der Fiete ist nämlich ein Schlitzohr, der bescheißt jeden.“ Außerdem sei er selbst – der Schweine-Erwin – inzwischen im Wodkageschäft. Jan möge doch im „Abschiebebahnhof“ (= Altersheim) für die „Qualitätserzeugnisse“ werben. Dafür bekomme er auch eine Literflasche gratis mit auf den Heimweg. Er würde diese „Superware“ für nur 4 Euro pro Liter verkaufen und der Jan möge doch überlegen, ob er bei diesem „Jahrhundertgeschäft“ nicht mitmachen möchte.

Mit vielen Dankeschöns nahm Jan die Flasche hochprozentigen Wodkas und eilte nach Hause. Nicht einmal das komplette Bewegungsgeld von 10,50 Euro hatte er gebraucht, denn sein Bier kostete nur 3 Euro 20 und der Schweine-Erwin hatte noch eine Runde geschmissen, wobei er auf gute Zusammenarbeit anstoßen wollte.
Das konnten doch wohl noch nicht alle Informationen sein, die man für so ein kompliziertes Vorhaben wie einen Bankraub braucht. Die Vorbereitungen waren an dem jetzigen Stand genauso schlecht, wie von einer deutschen Regierung, die einen Gesetzesentwurf einbringen will: Nicht durchdacht, aber mit Halb- oder Unwissen über Folgen und Risiken.

Hier ist der zweite Teil( der vorige) der Geschichte.