Die deutsche Sprache

„corriger la fortune“ ein geflügeltes Wort. In Lessings Minna von Barnhelm versucht der Dichter uns weiszumachen, dass die deutsche Sprache da genauer ist. Bei uns gibt es kein „das Glück (oder Schicksal) verbessern“ sondern wir sagen dazu einfach Betrug. Soweit so gut. Nun haben aber findige Werbefritzen auch unsere Sprache zum „Glück verbessern“ entdeckt und einige Phrasen erfunden, die keiner genauen Prüfung standhalten können.
Dies ist übrigens ein älteres Phänomen, denn hier ist mir das schon 2004 aufgefallen.

Wenn Sie z. B. in eine Bank, Sparkasse usw kommen, dann finden sie dort einen „Berater“! Man fragt sich natürlich, wozu braucht man in Zeiten der Automaten noch einen Berater? Richtig, man braucht keinen und der „Berater“ ist nur ein Verkäufer. Bei einem Verkäufer würden Sie aber sicherlich auf der Hut sein, dass er Ihnen auch das Gewünschte verkauft und nicht das, woran er am meisten verdient. Der Bankverkäufer schert sich nämlich in den meisten Fällen einen Dreck um Ihre Situation; er möchte nur im Dienste seines Arbeitgebers möglichs viel Profit machen. Ebenso ist es natürlich mit der überwiegenden Mehrzahl Versicherungen. Auch hier gebraucht man ungeniert den Begriff Berater, um den eignen Profit zu maximieren.
Jeder Baumarkt, jeder Klempnerladen, Klamottenläden, Friseure – alle beschäftigen Berater. Es ist nur noch eine Frage der Zeit oder teilweise schon geschehen: IHK und Handwerkskammer bilden auch nur noch Berater aus. Gesellen, Gehilfen, Angestelle, Verkäufer gibt es nicht mehr. Selbst hier beschummeln uns also die Konzerne durch Manipulation der Bedeutung unserer Worte.
Ein weiteres Feld ist die Sache mit dem Sparen. Kennen Sie Aussagen wie: Kaufen Sie gleich drei Pakete! Sie sparen dann 10 Euro. Auch das ist eine Finte, denn wenn Sie keines der Pakete kaufen würen, dann hätten Sie tatsächlich 100 Euro gespart. Im anderen Fall hätten Sie 90 Euro ausgegeben. Wir erinnern uns gerne and den Loriot Film, wo er diese Praktiken sehr schön karrikiert. Dazu gibt es auch den Witz von der Marktfrau, die schreit:
“ Beste Heringe, ganz frisch! Pro Stück 50 cent, 3 Stück nur 2 Euro!“
Besonders raffiniert finde ich auch die Nutzung der Sprache in Sachen Eurokrise. Wer älter als 12 Jahre ist wird sich erinnern können, dass die ganze Krise durch die Immobilienblase in den USA ausgelöst wurde. Weil die Amerikaner mit Hilfe ihrer Sprache die faulen Kredite aber als Zertifikate in alle Welt verkauft haben, – was sicherlich auch Betrug war – sind nun die Europäer die Dummen, die die Sache ausbaden müssen. Denn die europäischen Banken haben diese „Zertifikate“ gerne gekauft, wegen der hohen Zinsversprechungen (siehe „Berater“). Zum Überfluss wurden die Ängste der Bevölkerungen der südeuropäischen Schuldenländer so geschickt auf Deutschland umgelenkt, dass jetzt auf einmal Frau Merkel die große Böse ist.
„La parole a été donnée à l’homme pour déguiser sa pensée“. Mit diesem französischen Zitat wollen wir mal wieder ein Gleichgewicht herstellen. Wenn das Schulfranzösisch nicht mehr reicht, hier die Übersetzung: Die Sprache ist dem Menschen gegeben, um seine Gedanken zu verbergen.( Voltaire)
Jetzt zu unseren Politikern: Da hat das Verfassungsgericht festgestellt, dass das deutsche Wahlrecht nicht der Verfassung entspricht. Dabei ging es vor allem um die sogenannten Überhangmandate, die eindeutig die großen Parteien bevorzugen, die ja schon den Bonus der 5% Klausel gegenüber den kleineren haben. Statt nun Wahlkreise zusammenzulegen und damit den aufgeblasenen Bundestag wenigstens nicht weiter zu blähen, schafft man seitens unserer „Spar“politiker einfach neue Abgeordnetenmandate. Dadurch hat Deutschland jetzt das zweitgrößte Parlament der Welt – hinter China – und zig- Millionen Euro Ausgaben mehr. In der Größe des Parlaments haben wir so einen „demokratischen“ Staat wie Nordkorea auf den dritten Platz verwiesen. Bravo! So kann man zwar die Sprache der Gerichtsurteile interpretieren, mit Sparen sehe ich da aber keinen Zusammenhang, Herr Schäufle! Im Nebeneffekt haben die großen Parteien ihre Vormachtstellung damit zementiert.
Der Herr Seehopser behauptet, Familien müssten wählen dürfen, ob sie ihre Kinder in den Hort bringen oder die Herdprämie kassieren möchten. Mir kommt der Verdacht, dass man in Bayern nur nicht genug Krippenplätze hat. So will man die minderbemittelten Familien anhalten, die Herdprämie zu kassieren, damit die besser situierten ihren Kindern die wenigen Hortplätze Bayerns bieten können, um deren soziale Kompetenz und Durchsetzungsvermögen zu trainieren. Das darf man aber natürlich nicht offen sagen.

Das Bild unten sagt mehr als 1000 Worte über die deutsche Sprache: Keiner will wirklich wissen, ob der Zettel neu oder frisch ist, denn er färbt nicht ab. Über die Farbe sagt dieses Schild aber nichts aus. Der Betrachter wird im Unklaren gelassen, er ahnt aber, dass hier eine Verschmutzungsgefahr lauert. So funktionieren politische Aussagen.
Frischer Zettel

So verbirgt auch unsere Politik laufend ihre Gedanken hinter ihrem Gerede. Vielleicht trifft ja auch der Ausspruch von Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, einem französischen Diplomaten während der Zeit Napoleons, auf unseren Politkader zu.
„Klug und fleißig – gibt’s nicht;
klug und faul – bin ich selbst;
dumm und faul – für Repräsentationszwecke noch ganz gut zu gebrauchen;
dumm und fleißig – davor behüte uns der Himmel!“


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